Das Mikrobiom: Unsere Tiere in der Welt der Mikroben

Das Mikrobiom: Unsere Tiere in der Welt der Mikroben

Ing. Andreas Loidhold - Technical Sales Manager BIOMIN
Mikroben sind allgegenwärtig in Form von Bakterien, Viren und Pilze. Bakterien bewohnen in astronomischer Zahl unseren Lebensraum, unsere Umwelt millionen- und die Darmschleimhaut unseres Hühnergeflügels milliardenfach. (sh. Abb.1). Die Anzahl der im Körper vorhandenen Viren wird weit höher geschätzt.

Das Mikrobiom und seine Eigenschaften

Das Mikrobiom ist unerlässlich für den Stoffwechsel und Umbau von Nährstoffen. Gegen Infektionen produziert es, ähnlich einer Fabrik, „Medikamente“ für den Körper. Unter natürlichen Voraussetzungen entwickelt sich die Keimflora bei jedem Individuum ein wenig anders Das Mikrobiom ist im Verdauungssystem von Kropf bis Dickdarm sehr unterschiedlich, wie das Verdauungssystem selbst (Schleimhaut, innere und äußere Mucus- Schicht) (sh. Abb. 2).

Abb. 2: Unterschiedliche Ausprägung der Darmschleimhaut und der Darmschleimschichten in den unterschiedlichen Regionen

Angst vor allen Bakterien und Viren ist unbegründet. Es existieren deutlich mehr „gute“ nützliche Bakterien und Viren (Phagen) als krankmachende. Im Darm finden komplexe Interaktionen zwischen erwünschten Mikroben, den Zellen des Wirtstieres und Pathogenen durch Zellsignale statt, indem bei einzelnen Mikroorganismen Gene ein- und ausgeschaltet werden. Das führt dazu, dass wenn genügend „gute“ Mikroben vorhanden sind, andere gar nicht erst die Gelegenheit haben, „schlecht“ zu sein ( Lee, 2018).

Viele Bakterien sind wenig erforscht oder werden heute noch neu entdeckt. Die Denkweise in der Medizin erlebt einen Wandel. Früher war der Einsatz von Antibiotika gegen pathogene Bakterien das häufigste Mittel. Durch die Entstehung von Resistenzen verstärkte sich der Blick auf Alternativen wo man im Mikrobiom einen kooperativen Partner sieht, der als wichtiger Faktor in der Funktion des Immunsystems betrachtet wird, ähnlich einem gut funktionierenden Biotop im Garten.

Voraussetzungen für ein gutes Mikrobiom:

Der richtige Standort des Biotops ist Grundlage des Erfolges. Dies ist vergleichbar mit gutem Management und einer ausgewogenen Ration, bestehend aus einwandfreien Rohstoffkomponenten. Dies bedeutet unter anderem, dass zu hohe Rohproteingehalte vermieden und ein optimaler Rohfasergehalt eingehalten werden sollten. Auf das richtige Fettsäuremuster in der Ration und einem ausgewogenen Verhältnis von Natrium, Kalium und Chlor ist zu achten. Eine gute Silohygiene und Wasserqualität sind ebenfalls von großer Bedeutung (Pottgüter, 2019).

Bei der Anlage eines neuen Biotops werden geeignete Pflanzen in verschiedene Bereiche gesetzt, so wie durch die Verwendung von Probiotika erwünschte Mikroorganismen in den Wirtsorganismus eingebracht werden. Die meisten erhältlichen Probiotika können in sporulierte Bacillus ssp. und milchsäureproduzierende Arten eingeteilt werden. Bacillus ssp. hält sich im Darmlumen oder in der äußeren Mucus- Schicht auf, so wie es in Abbildung 2 (dunkelgrün) gezeigt wird. Durch ihre Stoffwechselaktivität unterstützen diese Mikroben die Verdauung und fördern erwünschte Mikroorganismen wie z.B. Milchsäurebakterien.

Die zweite große Gruppe sind milchsäureproduzierende Probiotika (z.B. Lactobacillus ssp.). Sie können an der Darmwand anhaften und diese dauerhaft besiedeln. Durch dieses „Konkurrenz-Ausschluss-Prinzip“ haben es nicht nur unerwünschte Bakterien wie Salmonellen oder E.coli schwerer sich an die Darmwand anzuhaften, sondern auch Parasiten wie Kokzidien beim Eindringen in die Wirtszelle. Diese probiotisch wirkenden Bakterien interagieren mit dem Immunsystem und produzieren für das Huhn positive Stoffwechselprodukte. Mit Präbiotika wie z.B. Inulin wird deren Ansiedelung im Darm gezielt gefördert.

Ist das Biotop angelegt, d.h. der Darm mit Bakterien besiedelt wird deren Wachstumbedingungen durch die Verwendung von sekundären Pflazeninhaltsstoffen wie z.B. ätherische Ölen optimiert. Das Spektrum ist vielfältig, je nach den verwendeten Komponenten bzw. deren Mischung. Mit phytogenen Futtermittelzusatzstoffen werden erwünschte Bakterien gefördert und unerwünschte Bakterien wie z.B. Clostridien unterdrückt. Weitere wichtige Merkmale sind antioxidative Eigenschaften, appetitanregende bzw. fresslustfördernde sowie entzündungshemmende Effekte (Viuda-Martos et al., 2010) .  Durch Phytogene kann die Schleimsekretion der Goblet Zellen (Becherzellen) und die Verdauungsenzymsekretion angeregt werden. Das zusammen bewirkt eine höhere Effizienz, somit leistungsfähigere Tiere. Die Resorptionsfläche des Darms vergrößert und es entsteht mehr Lebensraum für ein gesundheitsförderndes Darmmikrobiom.

Durch den Erfolg der Zuchtfirmen wird die Genetik unserer Tiere immer leistungsfähiger. In der Praxis scheint aber das Fenster, in welchem die Tiere diese Leistung bringen immer enger zu werden. Der Blick auf ein starkes Darmmikrobiom hilft in diesem Fenster zu bleiben.