Aktuelle Herausforderungen für schweinehaltende Betriebe aus tierärztlicher Sicht

Obwohl die Schweinepreise und ganz besonders die Ferkelpreise eigentlich für ein sehr gutes Einkommen der Schweinehalter reichen und die Vorzeichen für das kommende Jahr gleichbleibend vielversprechend sind, finden wir im Gegensatz zu vergangenen Hochpreisphasen weder Begeisterung noch Investitionsbereitschaft bei unseren Schweinehaltern.

Man kann unseren Nutztierhaltern nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht verdenken, dass Sie vorerst in einer Beobachtungsphase verharren und politische Berg- und Talfahrten abwarten, um sich hoffentlich dann doch für einen neuen Schritt zur „Schweinehaltung nach dem Jahr 2033“ zu entscheiden.

Vorbild für Nachhaltigkeit

Weil die österreichische Nutztierhaltung in Familienbetrieben stattfinden, ist ein System der Kreislaufwirtschaft entstanden, das im globalen aber auch im europäischen Umfeld einzigartig ist. Nahezu alle unserer produzierenden Landwirte erzeugen zumindest zwei Drittel der benötigten Futtermittel im Umkreis von zehn Kilometer rund um ihre Ställe und können den anfallenden Mist und die Gülle bestmöglich als organischen Dünger auf diesen Futterflächen verwenden. Auch die Schlachthöfe sind aufgrund unserer Strukturen nicht weit von den Veredelungsbetrieben entfernt, wodurch lange Transportwege für die Schlachttiere vermieden werden. Unsere Familienbetriebe sind das Vorbild für die Nachhaltigkeit in der Nutztierhaltung!

Sind weitere Qualitätsverbesserungen sinnvoll?

Wir können auch mit den Vorgaben der adaptierten Tierhaltungsverordnung unsere Schweinehaltung produktiv führen, sollten aber die Notwendigkeit für die übliche „Salamitaktik“ des Gesetzgebers und der Behörden, in diesem Bereich die Bestimmungen in immer kürzeren Zeitabständen nachzuschärfen, dringend überdenken. Warum ein kleiner Prozentsatz unserer Bevölkerung gemeinsam mit Supermarktketten das Tierwohl in unseren Beständen definieren kann und danach in vielen Fällen nicht bereit ist, die für diese Standards erforderlichen Kosten zu übernehmen, ist unverständlich. Das Kaufverhalten unserer Konsumenten zeigt eindeutig, dass sie der konventionellen Tierhaltung mit der daraus entstandenen, hohen Lebensmittelsicherheit vertrauen und nicht bereit sind, für weitere, mittlerweile schwer erkennbare Qualitätsverbesserungen zu bezahlen. Wir sollten daher dringend in die Verbesserung unserer Beziehung zum Konsumenten investieren.

Gesunde Tiere – Gesunde Umwelt – Gesunde Menschen

Um dieses Vertrauen zu stärken und unsere gute Position darzustellen, ist auch das Thema „ONE HEALTH“ (= Zusammenhang der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt) wichtig. Zunehmende Probleme mit dem „Gesundheitszustand“ unseres Planeten für Mensch und Natur, erkennbar durch Umweltkatastrophen, Klimaänderung, Antibiotikaresistenzen, Zoonosen und Seuchengefahr, haben eine seit bereits vor Christi Geburt erkannte Tatsache wieder in den Mittelpunkt dieses globalen Ansatzes gebracht. Wohlbefinden für die Bevölkerung gibt es nur im logischen, biologischen Kreislauf: Gesunde Tiere – Gesunde Umwelt – Gesunde Menschen! Im Bereich gesunde Umwelt sind wir mit unserer Kreislaufwirtschaft vorbildlich, haben aber in den anderen Bereichen noch Verbesserungspotential. Die geforderte Reduktion des Antibiotikaeinsatzes ist nur dann sinnvoll, wenn dadurch weder die Tiergesundheit, noch das Leistungsniveau unserer Schweinebestände leiden. Vielmehr brauchen wir einen verantwortungsvollen Einsatz dieser wertvollen Werkzeuge.

Antibiotikareduktion durch Gesundheitsmonitoring

Durch einen strategisch optimalen Einsatz von Tierarzneimitteln am Beginn von Erkrankungen und damit auch bei jüngeren Tieren mit geringerem Körpergewicht, können wir den Verbrauch noch wesentlich reduzieren, ohne auf den Einsatz verzichten zu müssen. Um das zu ermöglichen, wird in Zukunft die Anzahl der Probenentnahmen und Laboruntersuchungen mit Erregernachweis, Erregertypisierung und Antibiogrammen wesentlich erhöht werden. Gesundheitsmonitoring anstelle von Krankheitsdiagnostik ist die Devise. Damit erfüllen wir die Vorgaben des Gesetzgebers beim Einsatz von Antibiotika, können das Entstehen von gefährlichen Resistenzmustern früh erkennen, eine Verschleppung dieser Keime vermeiden und schaffen gleichzeitig die diagnostische Voraussetzung zur Erstellung von effektiven, betriebsangepassten Impfstrategien. Passend zur Frage der Impfstoffe hat die Europäische Union bereits ab dem Jahr 2019 in Verordnungen festgehalten, dass für Tierarzneimittel und Tierimpfstoffe aufgrund der Vielfalt der Aufgabenstellungen und auch der eindeutig geringeren finanziellen Möglichkeiten gesonderte Richtlinien umgesetzt werden müssen. Mit den Ergebnissen aus der Labordiagnostik unseres Gesundheitsmonitorings können wir zukünftig auch angepasste, hochwirksame autogene Impfstoffe für epidemiologische Einheiten zu sehr attraktiven Preisen herstellen.

Biosicherheit als oberste Priorität

Um den dadurch geschaffenen und definierten Gesundheitsstatus und damit auch das Leistungsniveau unserer Tierbestände abzusichern und vor einem neuen Keimeintrag zu schützen, haben wir ein absolut sicheres Werkzeug zur Verfügung – die Biosicherheit, die erfahrungsgemäß auf jedem langfristig erfolgreichen Betrieb als oberste Priorität steht.

Der gut geführte österreichische Familienbetrieb bleibt wettbewerbsfähig und vorzeigbar!