Absetzen – Schlüsselmoment im gesunden Schweineleben

Absetzen – Schlüsselmoment im gesunden Schweineleben

Dr. Alfred Griessler, Fachtierarzt für Schweine Traunkreis Vet Clinic
Das Absetzen der Ferkel von der Sau ist eine der sensibelsten Phasen im Leben eines Schweins. Bis zum Alter von 3 Wochen gilt das Saugferkel über die Antikörper der Biestmilch vor ansteckenden Krankheiten geschützt. Danach beginnt das Saugferkel eigene Schutzstoffe gegen diverse Krankheitserreger zu bilden. Beim Absetzen fällt das Ferkel in eine sogenannte „immunologische Lücke“ und gilt daher zu diesem Zeitpunkt als besonders empfindlich.

„Beim Absetzen fällt das Ferkel in eine sogenannte „immunologische Lücke“
und gilt daher zu diesem Zeitpunkt als besonders empfindlich.”

Hygiene steht an oberster Stelle. Im Bereich der Fütterung gilt es, die Futterumstellung von warmer und leicht verdaulicher Sauenmilch auf trockene Futterkomponenten optimal zu gestalten. Das Stallklima muss so ausgesteuert sein, dass dem erhöhten Wärmebedürfnis der abgesetzten Ferkel in zugluftfreier Umgebung Rechnung getragen wird.

Bevor die Ferkel abgesetzt werden, müssen folgende Bereiche kontrolliert werden:
• die Kammer muss vor dem Belegen leer, gewaschen, desinfiziert und abgetrocknet sein (strenges Rein-Raus Verfahren)
• die Stalltemperatur sollte bei 4 Wochen Absetzalter 28 °C, bei 3 Wochen Absetzalter 30 °C betragen; bei Aufstallung auf Betonspalten sollte eine Kerntemperatur des Spaltenbodens von mindestens 25 °C eingehalten werden
• Tränkenippel werden auf Durchflussrate überprüft (0,5 – 0,7 l / Minute)
• Leitungen werden gespült (abgestandenes Wasser ablassen)

Gefüttert wird nach dem Absetzen mit speziellem Absetzfutter. Dieses soll leichtverdauliche Futterkomponenten (Milch-, Molkepulver, Kartoffeleiweiß, Weizenflocken, etc.) beinhalten und restriktiv unter genauer Kontrolle in den ersten Tagen angeboten werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Trinkwasserversorgung. Das Anbieten von frischem handwarmem Wasser in flachen Tränkeschalen (Wasserqualität und Hygiene der Schalen beachten!) in Kombination mit Elektrolytlösungen trägt zum Wohlbefinden der Ferkel bei und fördert das Anlernen an feste, trockene Nahrung sowie die Futteraufnahme.

Durchfälle im Absetzbereich von Ferkeln

Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes bei Absetzferkel sind oftmals die Ursache für unzufriedenstellende betriebliche Leistungen. Wichtig ist zu bedenken, dass nicht jeder Durchfall durch einen Krankheitserreger verursacht wird. Oft handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel zwischen den eingesetzten Futtermitteln (mikrobiologische Beschaffenheit, Inhaltsstoffe, Mykotoxingehalt, …), der Wasserversorgung (hygienische Beschaffenheit), der Immunitätslage der Tiere, dem Stallklima (Kälte) und den im Stall vorhandenen Durchfallerregern. Deshalb müssen bei der Aufarbeitung eines Durchfallproblems alle möglichen auslösenden Faktoren in Betracht gezogen werden.

Der wichtigste Krankheitserreger des Ma­gen-­Darmtraktes im Absetzbereich ist E.coli. Von untergeordneter Bedeutung zu diesem Zeitpunkt erweisen sich Lawsonien, Brachyspiren, Salmonellen, Rota- und Coronaviren und ev. Isospora suis.

E. coli – Absetzdurchfälle

Enterotoxische E. coli – Stämme besitzen Oberflächenstrukturen zur Anheftung an das Darmepithel und produzieren Giftstoffe, die die Darmzellen veranlassen Wasser und Elektrolyte (Natrium, Chlorid, Kalium) in den Darm abzugeben. Die Erkrankung tritt meist einige Tage nach dem Absetzen oder nach Futterumstellungen auf. Es kommt zu einem grau-wässrigen Durchfall mit Verlust an Wasser und Elektrolyten. Die Tiere fallen in den Flanken ein, wachsen auseinander und können durch Austrocknung verenden.

Prädisponierend wirkt die Umstellung von Muttermilch auf Wasser und Festfutter was zu einer Verschiebung der Darmflora und zu einer veränderten Enzymproduktion führt. Dadurch kommt es zu einer massiven Vermehrung von Colikeimen im Dünndarm. Dies und die durch die Stresssituation bedingte, verminderte Abwehrkraft in Verbindung mit eingegangen Kompromissen im Management (Hygiene, Stallklima, Futter, …) können zu einer Durchfallerkrankung der Ferkel führen.

E. coli – Klinik: Durchfall
E.coli – Diagnostik: Bakteriologische Untersuchung

Therapie

• Sofortige antibiotische Behandlung der gesamten Absetzgruppe über das Futter (z.B. Colistinsulfat, Lincomycin, Neomycinsulfat) sowie eine Einzeltierbehandlung der betroffenen Ferkel mit coliwirksamen Injektionspräparaten (z.B. Gyrasehemmer, Lincospectin, Cefquinom, Trimetoprim-Sulfonamid)
• Futterrestriktion bei ausreichendem Flüssigkeitsangebot
• Flüssigkeitsersatz durch orale oder subkutane Verabreichung von Elektrolyt- und/oder Glukoselösungen

Prophylaxe

• Prophylaktischer Einsatz coliwirksamer Mittel im Absetzfutter, wobei ein Höchstwert von 150 mg Zinkoxid/kg Futter ab dem 26. Juni 2022 eingehalten werden muss
• Impfung: es steht der Landwirtschaft über das ÖTGD Programm zur Vorbeugung von E.coli bedingten Erkrankungen beim Schwein ein Impfstoff zur Verfügung, der ab einem Alter von 18 Tagen oral (Drench, Trinkwasser) an Ferkel verabreicht werden kann
• Fütterung
➤ Anfüttern der Ferkel mit einem Prestarter ab dem 10. Lebenstag
➤ Fließende Futterumstellungen durch das Verschneiden von Futter über mind. 5 Tage
➤ Futter mit hohem Rohfaser- und reduziertem Proteingehalt anbieten
➤ Hochverdauliche Futterkomponenten einsetzen
➤ Absenkung des pH-Wertes im Magen-Darmbereich durch den Zusatz von organischen Säuregemischen
• Probiotikaeinsatz und Einsatz pflanzlicher Kräuter
• Keine Kompromisse bei Rein-Raus Verfahren, Temperaturmanagement und Wasserversorgung

„Oft handelt es sich bei Durchfall um ein komplexes Zusammenspiel zwischen den eingesetzten Futtermitteln, der Wasserversorgung,
der Immunitätslage der Tiere, dem Stallklima und den im Stall vorhandenen Durchfallerregern.”